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Im Gespräch mit Hannah Richter: Das PANDA-Versprechen

Wolfgang Tonninger im Gespräch mit Hannah Richter, der Mitgründerin des erfolgreichen Versicherungs-Start-Ups PANDA InsurTech.

Es ist Nachmittag in Wiens fünftem Bezirk. Wir fahren mit dem engen Lift in den letzten Stock eines klassischen Gründerzeithauses. Hannah Richter öffnet uns herzlich und aufgeregt zugleich und wir sind sofort am Lachen. Zur Begrüßung erwartet uns ein reich gedeckter Couchtisch mit frischem Obst und selbst gebackenen veganen Cookies aus Mandelmus und Datteln, die köstlich sind. Eis gebrochen.

Ich blicke mich um in der schicken Dachwohnung und trete auf die Terrasse, während Hannah den Kaffee herunterlässt. Es ist überraschend still hier heroben, nur wenige Meter über dem hektischen Treiben der Wienzeile. Ein guter Platz, um Ideen zu entwickeln, denke ich mir und frage sie, ob es hier begonnen hat, das Abenteuer mit der PANDA Tierversicherung. Und warum eigentlich Tierversicherung?

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Aus einem Gedankenspiel unter Freunden wurde ein äußerst erfolgreiches Start-up für Tierversicherungen. Hannah Richter erzählt, wie es zur Gründung des Unternehmens PANDA InsurTech kam. Foto: © Siegrid Cain

Start-Up-Spirit: Verrücktheiten auf den Boden bringen

„Das war so“, beginnt Hannah die Realität von damals zu erzählen, die, wie sie betont, an vielen Stellen besser ist als jede Geschichte. „Es war die Zeit der Lockdowns. Wir waren viel zu dritt, mein Friseur, sein Mann und ich. Die beiden sind meine besten Freunde und wohnen da gleich um die Ecke. Wir waren viel zusammen. Und wie es so kommt, wenn man viel zusammen ist, gab es da auch Ideen, Träumereien, Verrücktheiten.“ Die Filme von Peter Greenaway schießen mir durch den Kopf und ich muss mich zwingen, bei der Sache zu bleiben. „Und so war es auch mit PANDA InsurTech. Es war zunächst nur ein Hirngespinst. Aber weil wir pandemiebedingt Zeit hatten, gingen wir tiefer. Setzten einen Stein auf den anderen und dann habe ich mich in die Idee verliebt – auch, weil Jean-Francois mir das Budget für meine Herzensprojekte zusicherte.“

„Halt“, rufe ich innerlich. Wenn Hannah Richter erzählt, dann geben sich die Ideen wie Staffelläufer ihre Stäbe in die Hand: von unten links bringen, mit der geöffneten Hand rechts übernehmen, mit Handwechsel während des Laufes. „Von wie vielen Projekten sprechen wir eigentlich?“ Hannah lacht. „Wir reden von der Hundeversicherung, aber dieser ESG-Fokus – das heißt, dass wir Tier- und Umweltschutz reinbringen und Projekte wie „One Earth – One Ocean“, „8 Billion Trees“ oder „proBiene“ unterstützen – gehört ganz wesentlich dazu.“

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Nachhaltigkeit liegt Hannah Richter am Herzen. Darum unterstützt PANDA InsurTech verschiedene Tier- und Umweltschutzorganisationen. Foto: © Siegrid Cain

Eine explosive Mischung aus Erfahrung und Leidenschaft

Ok, zurück an den Start. „Wie seid ihr auf PANDA gekommen und wann wusstet ihr, dass dieses Projekt abheben kann?“ „Zunächst war Jean-Francois der Treiber. Er wollte unbedingt was machen und hat spannenderweise immer viel Potenzial in mir gesehen“, startet Hannah Richter beinahe verlegen ihren zweiten Anlauf. Eine Verlegenheit, die an dieser Stelle alles andere als angebracht erscheint. Denn was Jean-Francois Diet, ihrem ziemlich besten Freund und nunmehrigem Business-Partner, und Hannah Richter da in kürzester Zeit gelang anzurühren, ist eine explosive Mischung aus seiner Versicherungsexpertise und ihrer Fähigkeit, ihre Nähe zu den Tieren in Kundenbedürfnisse zu übersetzen und auf ganz konkrete Produktfeatures herunterzubrechen. „Wir sind ein Familienunternehmen. Aber eben nicht im klassischen Sinn“, ergänzt sie. „Unsere Idee war es, Automatisierung, Digitalisierung und DeepTech in Form von KI in das eher konservative Versicherungsgewerbe zu bringen und eine ganz neue User-Experience zu schaffen.“

Der Rest liest sich wie ein Roman, den man sich mit fünffacher Lesegeschwindigkeit einverleibt: Startschuss für das Projekt war im Februar 2021. Im Dezember 2021 hatte man ein marktreifes Produkt. Und knapp eineinhalb Jahre später hält man in Deutschland 20.000 Kunden. Mit einer Handbewegung wischt Hannah Richter die Zahlen vom Tisch – weil sie im Inhaltlichen bleiben möchte. „Uns geht es wie gesagt um User-Experience. Von der Anmeldung bis zur Schadensabwicklung. Alles wird simpel, schnell und digital abgewickelt.

Die Kunden laden ihre Rechnungen hoch. Und innerhalb von 30 Sekunden wissen sie, ob und in welcher Höhe sie gedeckt sind. Und können sofort die Überweisung auf ihr Konto veranlassen. Wir haben ein Verfahren, das es so nur in Amerika im Bereich der Humanversicherung gibt, auf Europa und Tierversicherung angewandt und weiterentwickelt. Und deshalb hier einen absoluten Alleinstellungsanspruch.“ Dieser wurde ihnen mittlerweile von der DFSI – einem unabhängigen Verbraucherprüfinstitut für Versicherungsprodukte, das sie als beste Tierversicherung Deutschlands auszeichnete – eindrucksvoll bestätigt.

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Mit PANDA Tierversicherungen beweist Hannah Richter ihr Gespür für richtungsweisende Produktlösungen und ihr Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse der Tierbesitzer:innen. Foto: © Siegrid Cain

User-Experience aus der Cloud

„Warum gerade Deutschland?“, frage ich nach. „Weil Berlin uns gehört hat und wir dort gestartet sind – mit einem großartigen B2B-Partner, dessen Schwerpunkt die Entwicklung Cloud-basierter Versicherungsprodukte für so bekannte Unternehmen wie Vodafone oder Volkswagen ist. Wobei wir uns für den Bereich der Schadensabwicklung mit MAZARS auch einen französischen Kooperationspartner mit einem großartigen Digital Consulting Team an Bord geholt haben.“ Und die künstliche Intelligenz, von der eingangs die Rede war? „Die ist am Lernen und mittlerweile schon sehr weit fortgeschritten“, meint Hannah und ihre Augen leuchten. „Man geht da ja von einem Grundregel-Set aus und ist beständig am Anreichern. Das Pilotprojekt mit unserem Berliner Partner wird in zwei bis drei Monaten so weit sein, dass wir es bei unseren Kundinnen einzusetzen können.“

Wenn Hannah Richter Kundinnen sagt, ist das kein klassisches Gendern, sondern eher ihrer Klientel geschuldet: 80 % sind Frauen – jung, finanziell gut abgesichert und digital versiert. „Haustiere, vor allem Hunde, haben heute einen anderen Stellenwert. Sie gehören zur Familie und manchmal ersetzen sie diese auch. Und weil die Behandlungen zum einen immer ausgereifter und kostspieliger werden, zum anderen dem Tier nicht vorenthalten werden kann, wenn die Beziehung so stark ist, kommt man an einer Tierversicherung heute eigentlich nicht mehr vorbei. Und wenn es dann eine Versicherung wie PANDA gibt, die ein exzellentes Produkt mit den großen Themen Tier und Umweltschutz kombiniert, ist die Packung eigentlich nicht zu toppen.“

Purpose kommt vor dem Gewinn

Hannah Richter ist es wichtig, dass Nachhaltigkeit eben kein Etikettenschwindel ist, sondern dem Produkt einen „tieferen Sinn verleiht“, wie sie es nennt. Ein Beweis dafür ist die kürzliche Aufnahme in das Global Compact Programm der Vereinten Nationen, in dem sich mittlerweile wenige tausend Unternehmen weltweit verpflichtet haben, die Einhaltung der UN Sustainable Development Goals, also höchste Nachhaltigkeitsstandards, zu garantieren. „Das ist Teil des PANDA-Versprechens, das mindestens drei Prozent unserer Umsätze in Projekte fließen, die genau in diese Richtung wirken. Mit unserer Versicherung holen wir Plastik aus dem Meer, pflanzen Bäume, unterstützen die Erhaltung resistenter Bienenrassen und, und, und. Für unsere Kundinnen ist das ganz wichtig. Und für mich auch. Wir werden in diesem Bereich zu Komplizen.“

Hannah Richter ist eine Frau, die es gewohnt ist, Verantwortung zu übernehmen – seit ihrem 15. Lebensjahr, als sie von zu Hause ausgezogen ist. „Das macht man nur, wenn man wirklich muss“, fügt sie hinzu und beginnt zögernd zu erzählen, weil sie Menschen, die in einer ähnlichen Lage sind, zeigen will, „dass es da einen Weg gibt, den man gehen kann. Menschen, die oft nicht mehr weiterwissen, weil das Thema der Ablehnung durch die Eltern zu den schlimmsten Dingen gehört, die junge Menschen erfahren können.“ Es ist ihr jedenfalls nicht leichtgefallen damals, aber irgendwann wurde es zur Routine, dass sie neben der Schule Pferdeboxen ausmistete oder in der Boutique aushalf. Mit 19 begann sie zu modeln – zwischen Paris, Mailand und London – und konnte sich damit ihr Studium finanzieren. Danach folgte die Diplomatische Akademie, eine Praxiszeit bei den Vereinten Nationen in New York, wo sie die Mission der Cote d’Ivoire betreute und die Mitarbeit beim senegalesischen olympischen Komitee. Und irgendwann wurde die Sehnsucht zu ihrem Hund und ihren Tieren so groß, dass sie zurückkam nach Wien. „Die Pferde“, erinnert sie sich, „haben mir in meiner schwierigsten Zeit das Leben gerettet.“

Licht und Schatten

Wie das alles Platz hat in so einem jungen Leben, frage ich sie? Hannah lächelt. Sie steht mit ihren 33 Jahren als Business-Frau mitten im Leben. Dazu gehört für sie eben auch, dass sie die erschütternde Einsicht ihrer Schulzeit in die klimakritische Situation unseres Planeten heute, wo sie die Möglichkeiten hat, etwas Konkretes zu tun, nicht einfach abstreift. „Ich verstehe die Schüler:innen von ‚Fridays for Future‘ und ich verstehe auch die Leute der ‚Letzten Generation‘, die sich auf die Straße kleben. Was ich nicht verstehe, ist, dass solche Aktionen skandalisiert werden und nicht der Umstand, dass wir angesichts der drohenden Katastrophe im Nichtstun verharren. Umweltschutz ist keine Schönwetterveranstaltung. Es ist notwendig, dass wir uns hier und jetzt unserer Verantwortung stellen – und Druck ausüben auf die anderen, großen Versicherer.“

Hat sie nicht Angst, dass die großen Versicherungen genau diesen ESG-Aspekt ebenfalls nutzen und damit quasi an ihrem USP knabbern? Ihrer Antwort zeugt von einer Perspektive, die weit über sie hinausweist. „Es geht nicht um mich. Es geht um das Ganze. Wir wollen, dass alle ihren Beitrag leisten. Nur so können wir es schaffen. Ich habe keine Angst; eher die verrückte Hoffnung, dass wir dieses Alleinstellungsmerkmal möglichst bald einbüßen.“ Sie holt einmal Luft, um dann schnell mit einem Augenzwinkern nachzulegen: „Dann bleibt uns ja immer noch der USP, dass wir das beste Produkt haben.“

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Ein nächster Meilenstein: PANDA Tierversicherung wagt nun auch den Schritt nach Österreich. Foto: © Siegrid Cain

Das ist er wieder – dieser fein abgestimmte Mix aus Kalkül und Begeisterung, der faszinierend ist. Dazu ein kleiner Schuss Mädchenhaftigkeit und ein großer Schuss Humor. Egal, ob Hannah Richter über ihre Zeit in Paris spricht, in New York, in der Pferdekoppel oder jetzt mit PANDA. Man hat das Gefühl, dass sie dabei das Konkrete und die Menschen nie aus den Augen verliert. Selbst wenn sie ihr Ziel fixieren kann, wie kaum jemand – sie ist eine, die in jeder Phase dankbar bleibt, weil sie die Schatten kennt, die das Licht wirft.

Und eine, die ohne Atemholen die hundert Meter laufen kann, denke ich mir, als wir den Liftknopf drücken. Am Tag unseres Gesprächs wird ein Kooperationsvertrag für Österreich unter Dach und Fach gebracht. Der Deal mit den Beneluxländern steht bereits. Und vor der Tür warten die Katzen. Die Fakten dazu schüttelt Hannah aus dem Ärmel: „16,7 Millionen gibt es in Deutschland. Marktdurchdringung 5 %.“ Sie hat ihre Hausaufgaben gemacht.

Ein Nachmittag, der nachwirkt.

PANDA Insur Tech Hannah Richter PorträtHannah Richter

Startet 2009 mit 19 ihre Modelkarriere zwischen Mailand, Paris und London
Studiert parallel dazu Rechtswissenschaften
Absolviert die Diplomatische Akademie Wien
Arbeit bei den Vereinten Nationen New York (der Cote d’Ivoire) und für das senegalesische olympische Komitee
Gründet 2021 gemeinsam mit Jean-Francois Diet die PANDA InsurTech

Hannah Richter ist Kundin der Zürcher Kantonalbank Österreich AG.

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